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Freitag, 14. September 2007

Ataxie "auf Tour"



Zweimal die Woche bin ich in der therapeutischen Tagesstätte "Mutabor". Dort findet eine Langzeitbehandlung für Menschen mit erworbenen Hirnschäden statt. Auch meine Ataxie wird dort weiter therapiert.


Am Freitag ist immer früher Schluß, ich war anschließend mit einer guten Bekannten Kaffeetrinken und bin danach noch in die Stadt gefahren. Heute haben die Geschäfte in München alle bis 24 Uhr auf.


Dieser Rollstuhl nervt mich unheimlich. Alles ist so beschwerlich geworden. Bisher normale, alltägliche Wege werden zu einem logistischen Großaufwand. Wo fahre ich als erstes hin, damit ich nicht auf der Hälfte der Strecke schon kraftlos "zusammensacke"? Ist da auch ein Aufzug wo ich aussteigen möchte oder muß ich mich im Rolli in fast halsbrecherischer Absicht auf die Rolltreppe einlassen? Ich war auf jeden Fall noch bei Saturn - in der DVD-Abteilung. Exakt die DVDs, die ich anschauen wollte, waren natürlich fast alle in den obersten Reihen. Beim ersten Greifversuch kam mir das halbe Regal entgegen, beim zweiten habe ich vor lauter überschießender Kraft gleich mehrere DVDs mitgerissen, die mir dann allesamt auf den Kopf geknallt sind. Je hektischer ich die Teile vom Fallen aufhalten wollte, desto ausfahrender wurden meine Bewegungen und desto mehr habe ich dadurch noch mitgerissen. Wollte die Teile schnell wieder vom Boden aufheben, kippte dabei seitlich mit dem Oberkörper aus dem Rolli raus. Ich nenne das die "Schildkrötenstellung", weil ich dann in dieser Stellung hänge und nicht mehr ins Sitzen zurückkomme. Da hing ich also, in einem DVD-Schlachtfeld und sah aus einem schrägen Augenwinkel einen hilfreichen Saturn-Mitarbeiter auf mich zukommen. Ob er mir irgendwie helfen könne? Tja, was sollte ich da schon sagen. Am liebsten "Scotti, beam me up!". Mittlerweile hatte ich die Aufmerksamkeit der halben DVD-Abteilung auf mich gezogen, aber macht ja nichts. Keine Ahnung, was peinlicher war: Stottertherapie mitten in der Kölner Fußgängerzone oder das hier.


Auf der Heimfahrt in der Straßenbahn saß im Kinderwägelchen neben mir wieder ein sehr gesprächiges Kleinkind. Schon seltsam, früher haben mir die lieben Kleinen lang nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie jetzt. Es genügt also bereits, wenn man in Augenhöhe mit ihnen sitzt, damit sie einen als "der ihren" akzeptieren. Diese Zielgruppe erobere ich scheinbar mühelos.


Fürs Fazit dieses Tages lasse ich "Bilder sprechen".


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